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Zukunft der Rente: Reicht sie für die Rentenempfänger? Bleiben die Beiträge bezahlbar?

Zukunft der Rente: Reicht sie für die Rentenempfänger? Bleiben die Beiträge bezahlbar?

Veranstaltung der AG 60plus Karben

Zukunft der Rente: Reicht sie für die Rentenempfänger? Bleiben die Beiträge bezahlbar?

Die Karbener SPD-AG 60plus hatte in Abstimmung mit den Karbener Jusos kürzlich zu diesem generationsübergreifenden Thema eingeladen und es kamen – fast nur Rentenempfänger!
Ein Gast im Juso-Alter, die Ortsvereinsvorsitzende Sarah Al Rachid, war stellvertretend für alle unter 60 dabei.

Referent Stafan Würzbach, DGB

Der Referent des Abends, Stefan Würzbach, Abteilungsleiter Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik beim DGB Hessen-Thüringen, war der zweite Noch-Nicht-Rentner. Er kenne dies, schmunzelte Würzbach, „wenn zu Rententhemen eingeladen wird, kommen meist nur Ältere. Denn die Generationen haben halt unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen“.

Generationengerechtigkeit?
Nach Feststellung des Referenten unterscheiden sich Generationen vor allem aufgrund von Alterseffekten: unterschiedliche Lebensphasen führen zu unterschiedlichen Interessen. Die Zugehörigkeit zu einer Generation ergebe keinen Interessengegensatz zu einer anderen Generation. Würzbach: „Entscheidend ist die Verteilungsgerechtigkeit, unabhängig vom Alter“.
Die typische Rentendiskussion beinhalte Katastrophenszenarien, Generationengegensätze, Rentenangst (Bekomme ich noch Rente? Ist meine Rente noch sicher?). Außerdem werden Neiddebatten angestoßen (z.B. Jung gegen Alt, Versicherte gegen Beamte oder Selbständige). Systemgegensätze werden beleuchtet (Umlageverfahren gegen Kapitaldeckungsverfahren). Die Schlussfolgerung hieße meist: spätere und geringere Rente für alle, daher sei mehr private Vorsorge nötig.

Die demografische Entwicklung bis 2050 diene als Katastrophenszenario. So steige der Anteil der Alterskohorte über 67 Jahren von 8% im Jahr 1950 auf 21% im Jahr 2021 – für 2050 werden 24% prognostiziert. Der Anteil der potenziellen Beitragszahler (18 - 67 Jahre) betrug 1950 und 2021 64% und wird für 2050 auf 59% vorausberechnet. Die bis 18-Jährigen halten ihren Anteil von 2021 (17%) auch in der Prognose für 2050.

58 Millionen Versicherte in der Gesetzlichen Rentenversicherung
Den größten Anteil haben mit 32,91 Millionen die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, deren finanzieller Pflichtbeitrag (18,6%) zu 50% vom Gehalt einbehalten wird – der jeweilige Arbeitgeber zahlt die andere Hälfte an die Rentenkasse. Auch Minijobber mit Eigenbeitrag sind in der Zahl enthalten (Stand 31.12.2022).

Größter Posten im Bundeshaushalt: der Rentenzuschuss
Insgesamt 112,5 Milliarden Euro wurden 2024 der Rentenkasse vom Bund aus Steuermitteln für „versicherungsfremde Leistungen“ zur Verfügung gestellt – darin u.a. enthalten 17,3 Mrd. Euro Beiträge für Kindererziehung und 5,9 Mrd. Euro Erstattungen für Zusatzsysteme der DDR.

Rentenhöhe versus Beitragshöhe
Im Zusammenhang mit den vereinbarten Absichten der kommenden Koalitionsregierung präsentierte Stefan Würzbach eine Folie mit dem Verlauf und der voraussichtlichen Entwicklung des Rentenniveaus von 1990 bis 2035. Bis 2010 lag das Niveau über 50%. Der niedrigste Stand war 2014 bei 47,7%, seitdem bei 48%. Die Beitragsübersicht zeigt seit 1990 eine Spanne zwischen 17,7% und 20,3%, aktuell sind es seit 2018 18,6%, die bis 2031 durch entsprechende Bundeszuschüsse stabilisiert werden sollen.

Rentensystem aktuell
Der Referent gab dem Zustand der Rentenversicherung ein noch annehmbares Zwischenzeugnis: das hauptfinanzierende Umlagesystem habe das System über lange Zeiträume stabil gehalten, z.B. durch die gestiegene Zahl an Erwerbstätigen (Frauenerwerbsarbeit, Zuwanderung, real höheres Rentenalter). Außerdem seien die Einkommen und damit die Beiträge gestiegen. Das Rentenniveau wurde gesetzlich abgesenkt, gleichzeitig das Renteneintrittsalter sukzessive bis auf 67 Jahre erhöht. Andererseits droht das Rentenniveau deutlich zu sinken, dadurch wird die Sicherungsfunktion der gesetzlichen Rente in Frage gestellt. Zusätzlicher Finanzierungsbedarf ergibt sich wegen steigender Rentenzahlungen durch mehr Rentenempfänger (Boomer).

Forderungen des DGB
Stefan Würzbach erläuterte die Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes:
Anhebung des Rentenniveaus, zunächst durch Stabilisierung bei 48% und im nächsten Schritt Anhebung auf 50 %.
Keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalter, 67 Jahre können bereits jetzt von vielen nicht erreicht werden.
Arbeitgeber sollen sich gleichwertig an der Finanzierung der Altersvorsorge beteiligen, beispielsweise durch einen Mindestbeitrag bei der Betriebsrente. Wichtig sei, in den Arbeitsstätten für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen, damit Beschäftigte lange und gesund leben können.
Solidarisch handeln: Wer Kinder erzieht, Angehörige pflegt, sich qualifiziert oder weiterbildet, soll keine tiefen Löcher in der Altersvorsorge fürchten müssen, auch bei Arbeitsplatzverlust. Für solche Zeiten sollen Rentenpunkte gewährt werden.
Die Grundrente müsse verbessert und vor allem der Zugang erleichtert werden.
Erweiterung des Versichertenkreises: Alle Erwerbstätigen müssen laut DGB gut für das Alter und bei Erwerbsminderung abgesichert sein. Dazu sollen schrittweise alle Selbständigen einschließlich der freiberuflich Tätigen sowie auch Bundes- und Landtagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.

Keine Rente für Beamte
Auf Verwunderung bei den Anwesenden stieß die ausdrückliche Ausnahme von Beamten zur Eingliederung in das Rentenversicherungssystem. Stefan Würzbach begründete dies mit dem historisch gewachsenen und grundgesetzlich geschützten Rechtssystem des deutschen Berufsbeamtentums, das sowohl Bundesrecht als auch das Recht aller Bundesländer tangiert.

Was will die künftige Koalition?
Rentenniveau bei 48 % bis 2031 wird durch steuerfinanzierten Bundeszuschuss gesetzlich abgesichert.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte: Bei mindestens 45 Beitragsjahren bleibt der Renteneintritt ohne Abschlag weiterhin möglich, wenn das gesetzlich festgelegte Mindestalter erreicht ist (aktuell Jahrgang 1961).
Renteneintrittsalter bleibt unverändert, aber mehr „Flexibilität“ ist möglich - und bis zu 2.000 Euro steuerfreies Monatsarbeitseinkommen nach Renteneintritt.
Die Rentenkommission soll bis Mitte 2027 neue Kenngröße für ein Gesamtversorgungsniveau aller drei Rentensäulen vorantreiben.
Weitere Vorhaben betreffen eine „Frühstart-Rente“, ein neues Vorsorgeprodukt als Ersatz für die Riester-Rente und Möglichkeiten zur Einbeziehung von Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung.

Licht und Schatten
Stefan Würzbach bewertete die Stabilisierung des Sicherungsniveaus auf 48% durch den Einsatz des steuerfinanzierten Beitragszuschusses richtig und generationengerecht, sah die Befristung der Maßnahme aber kritisch. Die vorgesehene Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge hielt er für richtig, aber vage. Auch die verstärkte Einbeziehung von Selbständigen und der Beginn einer Finanzie-rung durch Kapitaldeckung bewertet er grundsätzlich positiv, jedoch bedürfe es noch weiterer Ausgestaltung. Das von der Koalition erwartete freiwillige längere Arbeiten werde für viele jedoch unerreichbar bleiben, meinte Würzbach.

Zwischen den Ausführungen des Referenten gab es zielgerichtete Einzelfragen und kurze Diskussionen.

Bildung, Bildung, Bildung!
„Mein Rat an Euch“, sagte Stefan Würzbach zum Abschluss seiner Präsentation, „unterstützt Eure Enkel bei dem Vorhaben, eine gute Ausbildung zu absolvieren. Dazu gehören ein ordentlicher Schulabschluss und eine Berufsausbildung oder ein Studium - und das Bewusstsein, dass man sich einbringen muss. Gute Bildung bedeutet in aller Regel auch mehr Gehalt und mehr Chancen auf eine Arbeit, die man gern macht. Letztlich gibt sie auch mehr Sicherheit bei notwendigen Arbeits- oder Berufswechseln.“

AG 60plus-Sprecherin Christel Zobeley bedankte sich namens der Anwesenden bei Stefan Würzbach für die informative und interessante Präsentation und überreichte ihm ein Dankeschön-Präsent.

Referent Stafan Würzbach, DGBDialog mit den GästenStefan Würzbach und Christel Zobeley